Interspezies Blastocyst Complementation (IBC) (d. h. Komplementation durch Mikroinjektion von Stammzellen anderer Spezies in Embryonen im Blastozystenstadium) hat bei Mäusen erfolgreich Rattenvorderhirngewebe erzeugt, das strukturell und funktionell intakt war. In einer verwandten Studie wurde auch festgestellt, dass die synaptische Aktivität zwischen Ratte und Maus unterstützt wurde und die synthetischen neuronalen Schaltkreise, die aus zwei verschiedenen Spezies aufgebaut wurden, in einem intakten Gehirn funktionieren konnten.
Über Blastozystenkomplementation, d. h. Komplementation genetisch defizienter Organe durch Mikroinjektion von Stammzellen in Embryonen im Blastozystenstadium, wurde erstmals im Jahr 1993 berichtet. Dabei handelte es sich um die Komplementation von T- und B-Lymphozyten in defizienten Mäusen durch Mikroinjektion intakter embryonaler Mausstammzellen (mESCs) in Embryonen im Blastozystenstadium.
Die Ergänzung durch Mikroinjektion von Stammzellen anderer Spezies in Embryonen im Blastozystenstadium erzeugt interspezifische Chimären war 2010 erfolgreich, als PDX1-defiziente Mäuse mit Rattenpankreas ergänzt wurden. Dieser Erfolg legte den Grundstein für die biologische Technik der Interspezies-Blastozystenkomplementation (IBC).
Seit 2010 wurden bei der Interspezies-Blastozystenkomplementation (IBC) große Fortschritte gemacht (einschließlich der Komplementation mit menschlichen Genen, was ein Potenzial für die menschliche Organogenese für Transplantationen bedeutet).
Trotz einiger jüngster Erfolge konnte durch IBC bisher jedoch kein Hirngewebe gewonnen werden. Forscher berichten nun von der Erzeugung von Rattenvorderhirngewebe bei Mäusen durch IBC.
Das Forschungsteam entwickelte erfolgreich eine C-CRISPR-basierte IBC-Strategie. Diese half bei der schnellen Durchmusterung von Kandidatengenen und ergab, dass Hesx1-Mangel die Bildung von Rattenvorderhirngewebe in Mäusen über IBC unterstützte. Das Rattenvorderhirngewebe in erwachsenen Mäusen war strukturell und funktionell intakt. Es entwickelte sich im gleichen Tempo wie der Mauswirt und behielt rattenähnliche Transkriptomprofile. Allerdings nahm die Chimäritätsrate der Rattenzellen im Laufe der Entwicklung allmählich ab, was auf das Vorhandensein xenogener Barrieren während der mittleren bis späten pränatalen Entwicklung hindeutet.
In einer anderen, gleichzeitig veröffentlichten Studie verwendeten die Forscher die Blastozystenkomplementation, um gezielt neuronale Schaltkreise zwischen verschiedenen Arten aufzubauen und zu testen und so zu prüfen, ob neuronale Schaltkreise, die aus zwei Arten bestehen, in einem intakten Gehirn funktionieren können.
Die pluripotenten Rattenstammzellen, die in Blastozysten von Mäusen injiziert wurden, entwickelten sich und blieben im gesamten Mäusehirn erhalten. Die Rattenneuronen im Cortex und Hippocampus wurden in der Mäusenische umprogrammiert und unterstützten die synaptische Aktivität zwischen Ratten und Mäusen. Als die olfaktorischen Neuronen der Mäuse stummgeschaltet wurden, stellten die Rattenneuronen den Informationsfluss zu den Geruchsverarbeitungskreisläufen wieder her. Auch das ursprüngliche Verhalten der Nahrungssuche wurde wiederhergestellt. Somit konnte die Maus die Welt mithilfe von Neuronen einer anderen Spezies wahrnehmen.
Diese Studie etabliert die Komplementation neuraler Blastozysten als wirksames Instrument zur Identifizierung konservierter Mechanismen der Gehirnentwicklung, -plastizität und -reparatur.
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References:
- Huang, J. et al. 2024. Erzeugung von Rattenvorderhirngewebe in Mäusen. Cell. Band 187, Ausgabe 9, S. 2129–2142.E17. 25. April 2024. DOI: https://doi.org/10.1016/j.cell.2024.03.017
- Throesch, BT et al. 2024. Funktionelle sensorische Schaltkreise, aufgebaut aus Neuronen zweier Arten. Cell. Band 187, Ausgabe 9, S. 2143–2157.E15. 25. April 2024. DOI: https://doi.org/10.1016/j.cell.2024.03.042
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